Mit dem Schnellzug von Köln nach Paris, der Stadt der Liebe.
In einem kleinen Abteil, nur wir zwei. Draußen schnellen grüne Wälder und
blühende Felder vorbei, während wir drinnen die Romantik genießen und auf
unseren ersten Hochzeitstag-Trip mit einem Glas Sekt anstoßen. Cut! Und die Wirklichkeit.
Wir haben Schwierigkeiten, mit unseren kleinen Koffern durch den schmalen Gang
des Großabteils zu unseren Plätzen zu gelangen. Noch enger als im Flugzeug
reihen sich im Thalys links und rechts Doppelsitze. Fast jeder Platz ist
belegt. Hinter uns sitzt ein Geschäftspärchen, die sich vom Moment des
Einsteigens bis zur Ankunft in Paris unterhalten sollten, aber das war da noch
nicht klar. Wir schmunzeln uns zu – wird schon.
Von Köln bummelt sich der Zug
nach und durch Belgien. Gefühlt an jeder Milchkanne wird gestoppt. Nach einer
Stunde Fahrt haben wir bereits 20 Minuten Verspätung, dies wird über den Lautsprecher
an jeder Station in Englisch, Französisch und Deutsch durchgesagt, damit´s
wirklich jeder versteht und keine Langeweile aufkommt. Die damit verbundene und
immer wiederkehrende Bitte um Verständnis bewirkt eher, dass einem der Kamm
schwillt bei der Dauerbeschallung.
Von der durch den Lautsprecher knarzenden Stimme werden wir
auf einen Triebkopfschaden hingewiesen, dieser wird fix durch eine neue Lok behoben,
die am anderen Ende des Zuges angehängt wird, jedoch fahren wir plötzlich nun rückwärts nach Paris und zwar alle.
Wir erreichen Paris Gare du Nord am Abend und sind froh,
dass wir retour einen Flug gewählt haben.
Wer sich in Paris optimal fortbewegen möchte und nicht mit
dem Touristenstrom schwimmen will, der leiht sich am besten ein Fahrrad bei Velib.
Diese sind gesponsert von der Stadt und
erlauben es jedem, der im Besitz einer Kreditkarte ist, ein Fahrrad an einem
der 1800 Stationen zu leihen. Diese sind über Paris verteilt. Kostenpunkt: 1,70
Euro Grundgebühr (pro Tag) plus Leihzeit (pro
Stunde=1 Euro), die erste halbe Stunde ist sogar gratis. Man ist
beweglich, kann das Fahrrad dank eines mitgelieferten Schlosses überall
anschließen oder zwischendurch an einem der vielen Stationen wieder zurückgeben.
Alles läuft über einen Automaten, der zu bedienen ist wie ein Parkautomat.
Schnell und easy ist das Prinzip. Warum kriegen sie das bei uns nicht hin, die
Bahnräder sind wirklich kein Vergleich.
Selbst die Einheimischen nutzen diese Räder bereits zu Hauf,
ob zur Arbeit, fix was zu erledigen oder zu einer Verabredung – kein Problem.
Ein kleines Körbchen am Lenker bietet sogar die Möglichkeit Schweres oder Leichtes
zu transportieren. Wir sind ganz begeistert, bei so einer großen Stadt wie
Paris, nicht den gewohnten Routen folgen zu müssen, die Stadt selbst erkunden
zu können und flexibel zu sein – und das sogar bargeldlos.
Metro geht fahren geht selbstverständlich auch |
Unmittelbar in der Nähe unseres Apartments ist eine
Leihstation, und so brechen wir in aller Herrgottsfrühe (6 Uhr, is´ für Urlaub schon
heftig) auf. Es ist kaum Verkehr auf den Straßen von Paris. Der kühle
Morgenwind bläst uns beim Radeln um die Ohren. Sehr frisch ist es für einen
bevorstehend sonnigen Maientag. Wir
lassen uns nicht vom Rad jagen und treten weiter in die Pedale. Eine Freundin
hatte mir von einem morgendlichen Fotoshooting unterm Eiffelturm vorgeschwärmt.
Das hatte ich dann, eins zu eins meinem
Langschläfer-Ehemann vorgetragen, und er ließ sich von den Bildern im Kopf verleiten
mit aufzustehen. Menschenleere Kulisse, kaum vorstellbar, wenn man dageghen „die“
Pariser Touristenattraktion ab 9.30 Uhr in Betrieb sieht. Langsam steigt die
Sonne am Horizont hinauf, und wir treten schneller. Die Konturen des Eiffelturmes
können wir bereits erkennen, aber es ist klar, es liegt noch eine zu
überwindende Distanz zwischen uns. Unsere Wangen haben sich bereits rot gefärbt,
ein Mix aus Kälte und Vorfreude. Wir erreichen den Metallriesen und sind
begeistert von seiner Größe und der ungewohnten Einsamkeit vor Ort.
Unvorstellbar. Das frühe Aufstehen hat sich schon jetzt gelohnt. Wir knipsen
fleißig unsere Erinnerungsfotos und freuen uns wie Bolle, dass wir nicht um
einen Platz vorm Turm drängeln müssen. Weitere Zaungäste halten in einem deutlich
mitgenommenem Lada. Zwei begeisterte Polen springen aus dem Wagen und beginnen,
sofort zu posen und Fotos voneinander zu knipsen – samt Lada versteht sich. Der
alte Leidensgenosse, der den ganzen Weg wohl treue Dienste geleistet, hat muss halt
dringend mit aufs Erinnerungsfoto. Knips,
knips,und so schnell wie sie aufgetaucht sind, verschwinden sie auch wieder.
Weiter an der Seine entlang gelangt man zur kleinen
Schwestern der Freiheitsstatue, gleich vier gibt es von denen in Paris. Auf der
Île aux Cygnes, einer Insel inmitten
des breiten Flusses, streckt sie den Arm mit der goldenen Flamme zum Himmel
empor. Vom Boot hätte man voraussichtlich die beste Sicht auf die selbst in
Miniaturformat beeindruckende Dame. Wir fahren mit den Rädern daher eine Brücke
weiter und schauen sie uns von dort aus an. Trotz ihrer Größe (11,50m) wirkt
sie gegenüber dem mächtigen Eiffelturm im Hintergrund geradezu wie ein Zwerg.
Wir überqueren die Brücke und radeln am anderen Seine-Ufer gemächlich zurück.
Langsam erwärmt die Sonne etwas unsere Gesichter. Es bleibt eine weitere Stunde
fast menschenleer. Traumhaft und in der Tat romantisch.
Apropos Freiheitsstatue,
oberhalb des Alma-Tunnels befindet sich die Flamme de la
Liberté. Ursprünglich zum Zeichen der Amerikanisch-Französischen
Freundschaft errichtet, wurde sie ab dem 31. August 1997 unfreiwillig zur Pilgerstätte
für alle Lady Diana-Verehrer & Fans, denn an diesem Tag ereignete sich nur wenige
Meter unterhalb im Tunnel ihr tödlicher Unfall. Paris wehrt sich bis heute gegen das
inoffizielle Denkmal für die verunglückte Prinzessin Diana und lässt regelmäßig die
aufgeklebten Bilder, niedergelegten Blumen und Briefe entfernen, doch die
Diana-Anhängerschaft zeigt sich hartnäckig. Mich durchzuckt ein Schauer, als
wir an der Flamme vorbeifahren. Die TV-Bilder von damals sind sofort wieder im
Kopf. Ein echtes Drama.
Zum Arc de Triomphe (Triumphbogen) geht es etwas die Straßen
bergauf, aber der Anblick des fast autoleeren Korso entschädigt.
Auf dem Champs
Élysées, der Haupt-Prachtstraße von Paris sind noch alle Rollläden unten. Ein
einsames Reinigungsfahrzeug ist auf dem breitem Gehsteig beschäftigt, seine
Kreise zu ziehen und alles blitzblank zu hinterlassen. Schließlich wollen heute
wieder tausende Menschen drüber flanieren. Da will sich doch Paris, très chic,
von seiner besten Seite zeigen.
Den wunderbarsten Ausblick über die Stadt der Liebe genießt
man im übrigen nicht vom Eiffelturm, wie alle glauben. Macht ja auch keinen
Sinn, denn er fehlt ja dann im Stadtbild und auch auf den Bildern. Außerdem: Wer
will sich schon stundenlang in irgendwelche Schlangen stellen. Nein, es gibt
einen absoluten Insider-Tipp, den ich nun nur euch verrate. Geht ins Kaufhaus Le
Printemps, nicht das mit der Damenmode, sondern das Gebäude mit den
Haushaltswaren, und fahrt Aufzug in die 8. Etage und dann mit der Rolltreppe weiter
aufs Dach. Dort befindet sich ein kleines Selbstbedienungs-Lunchlokal mit
Dachterrasse. Man kann selbst bei schlechtem Wetter drinnen speisen, während
man durch die Glasfront einen atemberaubenden Blick auf die Stadt genießen
kann. Das i-Tüpfelchen jedoch ist, nur
wenige Touristen wissen von diesem Ort und man muss dort nichts verköstigen, um
sich an der Kulisse satt zu schauen. Gratis Panorama-Blick quasi. Auch Sacre
Coeur ist bestens zu betrachten von hier oben.
Vor Beginn meiner Reise schreibe ich mir immer ein paar Dinge auf, die ich gelesen oder aufgeschnappt habe und gerne erleben möchte. Zu meinem gewünschten Coq au vin bin ich leider nicht gekommen, was auch mit drauf stand. Ein ungewaschener Koch hatte wohl seine Hände nicht anständig gesäubert in einem libanesischen Restaurant, in dem wir gleich am ersten Abend aßen. Das kostet mich mehr als nur einen Tag meines Aufenthalts, mein Vertrauen in die Restauranthygiene ist stark angeknackst, und ich kann vorerst auch keinen Baguette mit Käse mehr sehen, geschweige denn essen. Alles in allem war es jedoch ein schöner Ausflug mit bleibenden Erinnerungen und einem unvergesslichen ersten Hochzeitstag, was will man mehr.