Sonntag, 2. Juni 2013

Tegel – Gordon Ramsay – Boston


Viel zu selten rufe ich mir ins Gedächtnis, dass der Moment, den man gerade erlebt, ob allein oder in Gesellschaft, so nie wieder kommen wird. Mich stimmt es, wenn es mir dann wieder mal bewusst wird, oft sentimental und traurig, obwohl es mir meist in schönen Situationen passiert. Ein banales Lachen über eine witzige Alltagssituation mit meiner Mutti, das Streicheln der Haut meines Mannes, ein leckeres Essen, oder, oder, oder. Nie wird dieser Moment so wieder passieren. Nicht zuletzt, weil wir alle vergänglich sind. Die Lebensumstände ändern sich und die Menschen. Noch vor einigen Jahren kam mir die Zeit ewig vor. Ich wünschte rückblickend, dass ich mehr Zeit mit meinem Vater gehabt hätte, der viel zu früh an einem Herzinfarkt starb. Ich versuche mich manchmal, über seinen Verlust hinwegzutrösten, dass er zu dieser Zeit absolut glücklich war und er nicht hätte erfüllter von dieser Welt gehen können. Aber fast jeder hat so einen Verlust bereits erlebt, ob im Familien- oder Freundeskreis. Meine Mutter schenkte mir letztes Jahr zu Weihnachten das Buch "Mama, erzähl mal". Über ein halbes Jahr hatte sie zu allen Fragen Rede und Antwort gestanden. Erinnerungen an ihr Leben, ihre Eltern, ihre Lieben und die Beziehung zu mir aufgeschrieben, Bilder und Gesammeltes eingeklebt. Eine wundervolle Idee. Für sie selber bedeutete es ebenfalls eine Reise in die Vergangenheit, wie sie mir später berichtete und wofür sie sehr dankbar war. Ich bedauere sehr, dass ich es versäumt habe meinem Vater dieselben Fragen zu stellen. Ich dachte, wir hätten noch Zeit. Oft sehe ich ihn vor mir und höre wie er die letzten Worte einer Verabschiedung zu mir sagt. Wir lächeln uns an und er verschwindet beschwingt, so wie es sich auch zugetragen hat. Seitdem habe ich vor Verabschiedungen richtig Muffe, weil man nie weiß, ob man sich je wieder sieht....
Mein Vater hat vor vielen Jahren ebenfalls eine Tour durch die USA und Kanada gemacht, ein paar seiner Aufzeichnungen von früher habe ich noch, die wir nun bei unserem Trip cross-country nutzen werden.

Gegen Mittag ging unser Flieger von Berlin nach London. Bei Einchecken bhatten wir den Herren von British Airways gebeten, uns je einen Gangplatz zu geben. So hockt man sich nicht so auf der Pelle und jeder kann aufstehen, wenn einem danach ist. Mittelplätze sind echt die Hölle auf einem Langstreckenflug. Der Herr nickt und schiebt uns unsere Boardingpasse über den Tresen. In Heathrow haben wir genug Aufenthalt, um zu Mittag zu essen und so schauen wir uns nach einem geeigneten Lokal um. Im neuen Terminal 5 werden wir schnell fündig. Ich sehe in großen Lettern “Gordon Ramsay”. Für alle, die den schottischen Chef-Koch und Restaurantbesitzer, der 15 Michellin-Sterne gesammelt hat und hält, nicht kennen: Mr. Ramsay erlangte neben seinen exzellenten Kochfähigkeiten noch durch etliche TV-Sendungen, die in aller Welt ausgestrahlt wurden, Aufmerksamkeit. Er bereiste die fernsten Länder und verköstigte die traditionellen Gerichte spatter in seinem Restaurant vor Ort – teilweise keine ganz einfache Kost. Am bekanntesten wurde er jedoch durch “Hell´s Kitchen”, eine Sendung bei der sich Hobby- und Profiköche bewerben können und in Teams gegeneinander beim Kochen antreten. Durch seine direkte Art, die Wortwahl und seinen herrischen Tonfall, herrscht eine steife Brise in der Küche, umes mal vorsichtig auszudrücken. Ich bin jedenfalls Fan und schaue seine TV-Auftritte immer sehr gerne. Anyways.





Zurück zum Restaurant, es ist gut besucht, aber wir bekommen einen schönen Platz zugewiesen, mit Blick auf die ankommenden Flugzeuge. Es werden warme Brötchen gereicht, während wir die Speisekarte studieren. Guter Auftakt. Ich entscheide mich nur für eine Suppe, da mir etwas anderes ins Auge gefallen ist. Ein 3-Gänge-Picknick fürs Flugzeug (“Plane food”) zusammen gepackt in einer kleinen orangen Kühltasche. Eine pfiffige Idee, da greif ich doch zu. Das Essen im Flieger ist ja meist eher furchtbar. 

Die Suppe kommt - sowie das Kalbscarpaccio für meinen Mann. Na dann, guten Appetit. Erster Biss bzw. erster Löffel – wow. Geschmackserlebnis. Kein Ausruhen auf den Sternen also. Wir freuen uns über die Entscheidung und stoßen auf unsere bevorstehene Reise an.


Mein Mann hat vor 6 Jahren bei British Airways eine Vielfliegerkarte bekommen und dazu angegeben, dass er Asian-vegetarisch für die Verkostung an Bord präferiert. Oft sind wir BA seither nicht mehr geflogen, aber die Karte gilt offenkundig immer noch. Bei diesem Flug fiel es BA jedenfalls wieder ein, mit der Diät, und die Stewardess präsentierte stolz eine vegane Speise. Mein Mann lehnt zwar ab, trotz der verräterischen Sitznummer, meine Sitznachbarin zur anderen Seite freilich behauptet erleichtert, es sei ihr bestelltes Essen --- es handelt sich um eine orthodoxe Jüdin, die heilfroh ist. Mein Mann auch, als er sein Chicken bekommt.


Nach knapp 7 Stunden - das Picknick-Ramsay-Paket vernichtet, drei Filme gesehen und leider doch (grrr) auf den beengten Mittelplätzen E und F gesessen - landen wir in Boston.  Es ist ca. 18 Uhr Ortszeit (6 Stunden Zeitunterschied zu Deutschland), als wir in den Zubringerbus zur Autovermietung steigen. Mein Mann hatte im Vorfeld das Auto via Internet gemietet, empfiehlt sich sehr, da das Versicherungspaket ein deutlich Besseres ist und es auch preisgünstiger wird. Wir brechen in großes Gelächter aus, als wir vor dem eigentlich gebuchten Wagen stehen.
Da sollen drei Koffer, ein großer und ein kleiner Mensch reinpassen, und das die nächsten vier Wochen jeden Tag?

Die Dame von National lacht mit uns und empfiehlt ein Upgrade, was uns zwar 11 $/pro Tag mehr kostet, aber was solls. Die über 30 Grad auf dem riesigen Beton-Parkplatz der Autovermietung lassen den Schweiß auf der Stirn schwillen. Fix alles einladen, Klimaanlage an und los.



Das war´s mal wieder kurz und knapp.

Euer Echo Girl

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen