Donnerstag, 26. Mai 2011

Ei gugge ma da - zu Besuch in Dresden....



Geburtstage sind was Besonderes, finde ich. Vor meinem eigenen bin ich immer schon Wochen vorher aufgeregt. Es bereitet mir große Freude, meine Familie und Freunde mit Präsenten an ihrem Ehrentag zu überraschen. So rückte der Geburtstag meines Freundes immer näher, aber mir fehlte noch eine zündende Idee. Bis mir einfiel, dass er mich schon mehrfach gebeten hat ihm „mein“ Dresden zu zeigen, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Und so machte ich mich an die Arbeit und plante  zwei Tage in der sächsischen Hauptstadt. Ich bastelte Gutscheine, die ich als eine Art Puzzle in je einen Umschlag tat und diesen mit ansteigenden Nummern versah.
Die Umschläge band ich mit einem roten Bändchen zart zusammen - wie Liebesbriefe, zur Sicherheit legte ich noch einen Stadtführer „Dresden“ bei, und das Ganze überreichte ich in einer Box als Geburtstagsgeschenk. Diese Art von Präsent hat für den Beschenkten natürlich Vor- und Nachteile. Am eigentlichen Ehrentag kann er die Box zwar öffnen und weiß, wo´s hingeht, aber mehr nicht. Der klare Vorteil, er hat zwei weitere Tage Geburtstag, an dem er einen Umschlag nach dem anderen öffnen und den jeweiligen Gutschein einlösen darf.
Ich werde es nie vergessen, wo wir „Kinder“ meinen Eltern zu Weihnachten einen Jahreskalender geschenkt haben. Das heißt, jeden Monat im Folgejahr darf ein Geschenk aufgemacht werden. An Weihnachten selber konnten sie somit nix auspacken, und das führte zu etwas langen Gesichtern, aber von Januar bis Dezember bekamen wir Kinder am jeweils 1.des Monats einen erfreuten Anruf meiner Eltern. Ein besonderes und vor allem sehr nachhaltiges Geschenk. Es empfiehlt sich jedoch keine lebenden und verderbliche Waren darin zu verpacken ;-)

Zurück zum aktuellen Geschenk. Der erste Umschlag darf geöffnet werden, und so fahren wir am Morgen von Berlin Richtung Dresden.
Ich war fest davon überzeugt, dass man für die Strecke nur zwei Stunden brauchen würde. Letztendlich brauchen wir wegen der Baustellen und Geschwindigkeitsbeschränkungen drei, gefühlt fünf. Da ich im Vorfeld zum Mittag bereits einen Tisch reserviert habe, muss der erste geöffnete Umschlag noch mal zurück in die Gutschein-Box wandern und Umschlag zwei darf geöffnet werden. Ein Spaziergang vom Schillerplatz über Dresdens Wahrzeichen, das Blaue Wunder. Das Wetter ist perfekt, die Sonne scheint, und auf der Elbe fährt gerade ein Dampfer.


Auf der Hälfte der Brücke zücke ich Umschlag drei und reiche es dem „Geburtstagskind“ zum Öffnen – eine Fahrt mit der einer der ältesten Standseilbahnen zum „Weißen Hirsch“. Diese fährt von der anderen Elb-Uferseite, ein paar Meter vom Blauen Wunder entfernt, ab.
Die Bahn schleißt ihre Türen und die Auffahrt beginnt. Über den Lautsprecher hören die Gäste Historisches zur Bahn.http://www.dresdner-bergbahnen.de/standseil.htm


Nun darf das Geheimnis von Umschlag 4 gelüftet werden – Mittagstisch im „Luisenhof“, mit Panorama-Blick über Dresden, deshalb auch „Balkon Dresdens“ genannt. 

Glücklicher Weise habe ich vorher einen Tisch am Fenster reserviert, sonst sähe es nun mau aus. Die Kellnerin begleitet uns zu unseren Plätzen, und wir sind ganz begeistert. Auf der Speisekarte stehen sächsische Spezialitäten, aber auch ein paar Klassiker. Ich entscheide mich für was Deftiges  - Rinderroulade mit Klößen und Rosenkohl. Bekommt man ja sonst nur in der Vorweihnachtszeit, außer man kocht selber. Wir schlemmen und lassen unsere Blicke über Dresden schleifen.www.luisenhof.org


Im Vorraum des Restaurants hängen Unmengen von Bildern, die den Besitzer mit Prominenten zeigen. Na ja, um ehrlich zu sein, hätte bei manchen nicht der Text drunter gestanden, wäre es wahrscheinlich schwer gefallen zu erraten, um wen es sich handelt. So hängt ein Bild, unter dem steht: „Pfleger Mischa aus der Schwarzwaldklinik“. Aber auch Bilder von diversen TV-Köchen, Michael Gorbatschow und Gerard Depardieu, der die Gunst der Stunde gleich genutzt zu haben scheint. Auf unserem Tisch steht ein kleiner Aufsteller, auf dem der Sekt von Herrn Depardieu angepriesen wird. 0,1 l für schlappe 6 Euro oder 0,75 für 38,50 Euro. Na das nenn´ ich doch mal ein Schnäppchen-Angebot. Da Sachsen ja reichlich guten Wein zu bieten hat, entscheiden wir uns zum Essen dann doch eher für ein Glas aus der Gegend. Nach dem Essen geht’s mit der Standseilbahn wieder bergab.


Am Auto angekommen, entscheiden wir uns Gutschein 1 wieder aus der Box zu holen und diesen einzulösen. Zurück in die Vergangenheit – ein Besuch des Grundstückes meiner geliebten Oma, die leider viel zu früh starb. Viele Ferien habe ich dort mit meiner Oma verbracht. Unsere einstige „Sommerresidenz“ liegt etwas 15 Minuten von Dresden entfernt. Irgendwie ist das auch ein Gutschein für mich. Vor Jahren war ich zuletzt dort gewesen, um nach dem Rechten zu sehen. Kindheitserinnerungen schießen mir in Bildern und kurzen Filmen durch den Kopf, als wir uns langsam dem Grundstück nähern. Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen. Walderdbeeren und Brombeeren in kleine Plastikschüsseln pflücken, wovon immer eine in die Schüssel und eine in den Kindermund wanderte. Ein Plumpsklo im dunklen Gartenhäuschen. Eiskaltes, klares Wasser aus dem Brunnen. Sommer, Sonne, lachen, spielen. Familienfeiern. Erkundungen im nahe gelegenen Wald. Ein Bienennest und vieles mehr. Ach, war das eine schöne und unbeschwerte Zeit damals.
Zurück im hier und jetzt schaue ich auf ein komplett verwuchertes Grundstück. Zwei der alten Hütten stehen noch – die Bretterbude mit dem Plumpsklo und eine kleine Finnhütte, in der wir als Kinder immer allein schlafen durften. Das Haupthaus hat der Zwischenmieter leider abgerissen, um sich ein besseres Haus  zu bauen. Jedoch ist  er in der Hälfte der Bauphase stecken geblieben, und nun thront eine Backsteinuine inmitten des mit meterhohen Brennnesseln und Unkraut zugewachsenen Grundstücks.


Spontan überkommt mich die Lust alles wieder herzurichten, wie es mal war.
Mit diesem Gedanken steige ich wieder ins Auto. Zur Aufmunterung darf nun der nächste Gutschein aus der Box geholt werden. Back to the roots - Part two. Wir kommen vorbei an meiner alten Schule, in die ich als kleines Mädchen mit meinem roten Leder-Ranzen auf dem Rücken tappelte. Sehen uns das neu restaurierte Wohnhaus an, in dem ich die ersten sechs Jahre meines Lebens aufwuchs. Der kleine Tante-Emma-Laden gegenüber, der aber „Paul“ heißt und dessen Inhaber immer noch hinter der alten Ladentheke steht, sich aber leider nicht mehr an mich erinnern kann. 



Eine wirklich schöne Gegend, stelle ich auch heute wieder fest. Spielen Kinder auf der Straße. Mütter mit Kinderwagen. Hier scheint die Zeit irgendwie stehen geblieben zu sein.
Der Tag neigt sich langsam dem Ende. 


Der sechste und letzte Gutschein für diesen Tag darf geöffnet werden. Eine Übernachtung im neuen Melia-Designer-Hotel „Innside“. Ein tolles Hotel und mitten im Stadtkern. Ein freundlicher junger Herr heißt uns im perfekten Hochdeutsch willkommen und bietet uns für einen kleinen Aufpreis ein Upgrade an.  Wir stimmen zu und bekommen eine Maisonette in der sechsten Etage. 
Eingangsbereich des Hotels
Blick aus unserem Hotelzimmer
unsere Maisonette

Hotel Restaurant
Vom Innenhof sieht man auf die Kuppel der Frauenkirche, die sich nur einen Steinwurf entfernt befindet. Ein hoher, heller Raum, der aus zwei Ebenen besteht, erwartet uns. Noch ganz neu richt es hier, als seien wir die ersten Gäste. Wir öffnen das Fenster, was einen Blick auf die Elbe und die Brühlsche Terrasse gewährt und lassen auch durch die beiden Deckenfenster etwas Frischluft rein. Hungrig und neugierig auf die Altstadt raffen wir uns noch mal auf. Die letzten Sonnenstrahlen scheinen durch die schnieke hergerichteten Gassen und auf dem Platz vor der Frauenkirche sind die Restaurants gut besucht. Wir haben Glück und erhaschen einen Tisch in der Abendsonne. Im „1900“ ,einer traditionellen Dresdner Speisegaststätte, wie wir früher gesagt hätten, werden die Gäste von aufmerksamen Kellnerinnen mit Schaffnermützchen bedient. Ich bestelle, um ganz traditionell zu bleiben, ein Würzfleisch. Für alle, die es nicht kennen, darunter versteht man eine kleine Portion Hühnerfrikassee mit knusprigem Käse überbacken, dazu reicht man Toast, ein Scheibchen Zitrone und nicht zu vergessen: Dresdner Worchestersauce. 

Naja, um die Wahrheit zu sagen, manchmal wurde auch Schweinefleisch verwendet – was nicht so lecker schmeckte. Ich schlemme also mein Würzfleisch, während die Sonne langsam hinter den Häusern verschwindet und den Himmel wunderschön färbt.
Völlig k.o. von den vielen Erlebnissen und der ganzen Aufregung freuen wir uns schon auf die aufgeschüttelten Kopfkissen. So und jetzt folgt ein Tipp für alle, die in Wassernähe im Sommer die Fenster aufreißen – lasst kein Licht brennen und sei es auch noch so klein!
Während wir uns gemütlich den Bauch voll geschlagen haben, versammelten sich in unserem Zimmer Hunderte junger Mücken, die nun mit bereits umgebunden Lätzchen und wetzenden Messern bzw. Stacheln auf uns warteten. Spontan bekomme ich Gänsehaut beim Anblick der aufgeregt wuselnden Schwärme, die sich bereits in unserem Zimmer eingefunden haben. Verdammt, was tun? Zum Handtuch greifen? In einer frisch renovierten Bude – eher keine gute Idee. Zum Portier gehen die Geschichte erzählen (...also dit war so jewesen...) und nach Spray fragen? Nee, eher nicht. Wir entscheiden uns für die humanere Variante - Licht aus,  Bettdecke übern Kopf und Augen zu und durch.
Wie durch ein Wunder erwachen wir am nächsten Morgen fast unversehrt. Puh, das ging noch mal gut. Durch die Deckenfenster scheint die Sonne ins Zimmer. Ein schöner Morgen. Ich reiche meinem Freund den siebenten und somit das vorletzte Kuvert. Eine Führung durch die Semperoper. Es bleibt noch Zeit uns in der Umgebung nach einem geeigneten Frühstückslokal umzusehen, auch wenn es bereits Mittagszeit ist. Nach etwas Umherirren und auf zahlreiche Speisekarten Schauen kommen wir wie durch ein Zufall zu einem Laden der lecker anmutende Stullen (im sächsischen „Bemme“ genannt) verkauft. „Aran“ heißt dieser und erinnert etwas an den Wiener Schnittchenladen „Trzesniewski“
Bio-Brot mit selbst gemachten Aufstrichen und Salaten. 

Wir wählen für die Jahreszeit vielleicht etwas zu Deftiges aus. Eine dicke Scheibe Brot mit einem Salat aus Kartoffel, Rosmarin und Gouda.
Hammer! Einfach lecker. Mit fünf Euro nicht ganz billig denk ich so, aber ich bin den ganzen Tag satt, wie sich im Nachhinein rausstellt. 

Beim verspeisen meiner Brotzeit fällt mein Blick auf einen Meißener-Porzellan-Outlet. Erst vor ein paar Tagen hatte ich über den neuen Geschäftführer einen Artikel gelesen, dass er der Marke einen neuen Schliff geben möchte und in Richtung Schmuck und Wohnaccessoires geht. Spannend. Immer auf der Suche nach Neuem lockt es mich in den Laden. Ich bin kein großer Fan von Porzellanfiguren oder Gedeck, aber mich lacht ein Ketten-Anhänger an, den ich mir gönne.
Gesättigt schlendern wir rüber zur Semperoper, die als einzige Oper den Namen ihres Schöpfers trägt. 


Die Schlange der neugierigen Touristen, die eine Führung durch das prachtvolle Gebäude wünschen, ist erstaunlich lang. Ich hatte vorher problemlos im Internet die Uhrzeit für die Führung gewählt, die Tickets bestellt, bezahlt und gleich ausgedruckt. Das empfiehlt sich auf jeden Fall. 16 Euro pro Person für eine einstündige Führung ist völlig gerechtfertigt. Witzig finde ich die zwei Euro extra für alle Kamera und Videofreudigen. Man bekommt dann einen „Fotolizenz“ Aufkleber auf die Brust gepappt. Es wird brav bezahlt und fleißig drauf losgeknipst. Die Dame, die uns durch die Oper leitet, erzählt uns mit Begeisterung die Geschichte des Hauses. Mit Interesse kleben die Besucher an den Lippen unseres Guides, die jede Frage mit Witz und Charme gekonnt beantwortet. 

Am Ende erntet sie Applaus und etwas Trinkgeld. Ich mag gar nicht mehr verraten – macht die Führung einfach selber mal mit. 
Der achte und letzte Geschenkumschlag wird zögerlich geöffnet. Ist es wirklich schon der Letzte? Zu schnell verflog die Zeit, oder um´s mit Paulchen Panther zu sagen bzw. zu singen „...wer hat an der Uhr gedreht...“. Beim Zusammenlegen des Gutschein-Puzzles kommt ein Bild von Dresden im Jahre 1756 zum Vorschein. Der Künstler Yadegar Asisi hat in einem ehemaligen Gasometer ein monumentales 360-Grad-Panorama-Bild von der Barockstadt Dresden gefertigt und es dort ausgestellt. Also fix ins Auto und ab zum Asisi „Panometer“. Als wir auf den Hof biegen, sehen wir schon große Gebäude vor uns. 

Viel Andrang herrscht zu unserem Erstaunen nicht. Im Eingangsbereich befindet sich eine Ausstellung, so dass man langsam auf das 18 Jahrhundert vorbereitet wird. Gespannt wie Kinder, die zum ersten Mal in einen Kinosaal treten, blicken wir vorsichtig in den Ausstellungsraum. Eine riesige, bedruckte Leinwand ist in 360 Grad aufgespannt. Von einem in der Mitte des Raumes aufgestellten Gerüstturm hat man einen wunderbaren Rundum-Blick auf die Elbstadt anno 1756. 

Die Geräuschkulisse und die Lichtverhältnisse wechseln ständig, so das man wirklich das Gefühl hat eine Zeitreise zu unternehmen und mittendrin zu sein. Toll. Wirklich sehr sehenswert. Ich bin ganz begeistert. http://www.asisi.de/de/Panometer/Dresden/  
Als kleiner Tipp für alle Berliner und Berlinbesucher, ab Oktober 2011 gibt es am Pergamon-Museum die Möglichkeit einen Panorama-Blick in die Antike zu werfen. Dort baut Asisi sein nächstes Werk auf. http://www.asisi.de/de/VisualCulture/Pergamon-Projekt
Tja und so endet unser kleiner Ausflug. Über die ewiglange Rückfahrt  brauch ich Euch ja nicht berichten.
Ich glaube das Geschenk ist gut angekommen und die Überraschungen sind gelungen. Mir hat es sehr gefallen. Dresden ist immer eine Reise wert.

Das war´s mal wieder kurz und knapp.
Danke fürs Lesen und auf baldo,

Eurer Echo Girl

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