Freitag, 17. Juni 2011

Rollin` down the Mississippi

Nach dem beeindruckenden Besuch von Graceland, riefen uns die Straßen des Südens wieder. Der schnellste Weg, um die 635 km von Memphis nach New Orleans zurückzulegen, ist sicher der Interstate 55. Wir wollten jedoch gerne eine Route in der Nähe des Mississippi wählen und ein paar Zwischenstopps einlegen, um Land und Leute etwas kennenzulernen. Die „61“ bietet sich hierfür perfekt an. Der Plan: Memphis – Clarksdale (127 km) - Greenville (115 km) - Vicksburg (135 km) - Natchez (115 km) - New Orleans (270 km). Gesagt – getan. Die Landschaft ist übersät von Baumwoll- und Sojapflanzen-Feldern. Zwischen zwei solcher Felder entdecken wir am Straßenrand ein Burger-Lokal. 


Nicht zu vergleichen mit den sonstigen Fast-Food-Joints, die es zur Genüge an den Hauptverkehrsstraßen gibt. Bei diesem brauche ich in der Tat etwas Zuspruch, um tatsächlich hinein zu gehen. Ein junger Mann verkauft neben seinen Fisch-, Chicken- und Rindfleisch-Burgern auch T-Shirts, die er selber bedruckt. Wäre der Laden in Deutschland, würde die Gesundheitsbehörde diesen sofort mit Brettern dicht nageln und abreißen lassen. Ich versuch nicht so genau hinzusehen, was mir wirklich schwer fällt. Durch einen kleinen Ausschnitt in der Plexiglasscheibe, hinter der sich die Küche befindet, ordere ich meinen Burger mit Pommes. Als Abkühlung und Ablenkung spendiere ich mir ein kühles Budweiser und nehme am großen Plastik-Klapptisch platz. Nach ein paar Minuten bekomme ich meine Bestellung auf einem Styroporteller durch die Durchreiche geschoben. 


Hmm, sieht gut aus. Und der erste Biss bestätigt den ersten Eindruck. Echt gut das Burgerchen. Alle vorangegangen Zweifel blende ich aus und genieße den kleinen Snack. Der junge Mann, der eigentlich groß ins T-Shirt-Business einsteigen möchte, ist erfreut über meine Begeisterung. 

Nach einem kurzen Plausch und freundlichen Abschiedsworten machen wir uns weiter auf den Weg nach Clarksdale. Als wir den Ort erreichen ist das wie in diesen alten Westernfilmen, in denen die Tumbleweeds über die Straße wehen und kein Einheimischer sich blicken lässt. Schon etwas gruselig. Angeblich lebt Morgan Freeman hier und betreibt zusammen mit einem Freund einen Blues-Club. Wir treffen nur auf verschlossene Türen. Nach ein paar Fotoschnappschüssen entschließen wir uns für`s Weiterfahren.





Neue Stadt, neues Glück. Vorbei an noch mehr Sojapflanzen- und Baumwoll-Feldern  erreichen wir Greenville. Auch hier scheint der Tourismus stark zurückgegangen zu sein. Zwei Casino-Boote liegen am Ufer des Mississippi und locken Einheimische und Besucher mit der Möglichkeit, das schnelle Geld machen zu können, was wie wir wissen, in der Tat nur gaaaanz Wenigen gelingt. 

Unweit der Boote hat ein neues Motel eröffnet, in welches wir einchecken. Auf der Suche nach einem guten Restaurant springt uns bei Tripadvisor, auf Platz eins „Doe´s Eat Place“ entgegen. Bei den Bewertungen sehen wir jedoch, dass eine ältere Lady schrieb, dass man sich nur aus zwei Gründen in dieses Neighborhood bewegt – um bei „Doe´s“ ein gutes Steak zu essen oder erschossen zu werden. Puh, das is heftig. Kurzes schlucken und innehalten. Was nun? Soll´n wir es wagen? Das sind dann die Geschichten, die man von unvernünftigen Touristen liest und im Nachhinein jeder sagt, aber das war doch bekannt, dass die Area so gefährlich ist. Na ja, wir nicken uns jedenfalls ohne Worte zu, legen alle Wertgegenstände ab und machen uns hungrig und gespannt auf den Weg, mit dem Auto versteht sich. Vor dem Restaurant, was 1941 in einem normalen Wohnhaus eingerichtet wurde, stehen am Straßenrand etliche geparkte Autos. 



Ein bewaffneter Security-Guy regelt auf der Kreuzung den Verkehr und winkt mögliche Gäste in die noch freien Parklücken. Die Gegend ist in der Tat nicht sehr vertrauenswürdig. Beim Betreten von „Doe´s“ stehe ich bereits mitten in der Küche. In einem Pizzaofen, der offen steht, sehe ich die Steaks über den lodernden Flammen grillen. Zwischen den Wartenden werden Teller mit riesigen Steaks balanciert. 


Wow, sieht das lecker aus, aber ich weiß schon jetzt, das schaff ich nie und nimmer. Ohne Reservierung ist es eigentlich unmöglich einen Tisch zu bekommen, sagt uns die Kellnerin, jedoch ist heute der Andrang geringer und so kommen wir nach kurzer Wartezeit tatsächlich zwei der begehrten Plätze. An unserem Tisch nimmt ein älteres Ehepaar aus der Gegend platz, und wir kommen schnell ins Gespräch. Da es keine Speisekarte oder Preisübersicht im herkömmlichen Sinne gibt, bekommen wir von unserer netten Tischnachbarin eine schnelle Einweisung in die Spezialitäten des Hauses. Wir bestellen einfach das gleiche, was unsere Nachbarn wählen. Schließlich sind sie einmal im Monat hier und müssen ja wissen, was gut ist. Als Vorspeise werden Tamales und Salat serviert. 



Danach bin ich schon gut gesättigt. Dann kommt noch die Hauptspeise auf den Tisch – ein Steak, was wir in zwei Hälften und mit unterschiedlichen Garungsgraden gereicht bekommen. Einfach vorzüglich. Obwohl ich von meinem Gehirn schon ein paar Mal drauf hingewiesen wurde, dass der Magen nun gern Feierabend machen möchte, kann ich einfach nicht aufhören zu schlemmen. 

Beim Gespräch mit unseren Tischnachbarn berichten sie uns von einem Konzert, was heute Abend im 30 Minuten entfernten Indianola stattfindet. „B.B.Kings Homecoming“ findet jedes Jahr einmal im Juni statt, und wie der Name schon sagt, jammt hier der weltberühmte B.B.King in seiner Heimatstadt – umsonst und draußen. Was? Echt? Kurzer Blick auf die Uhr, das schaffen wir. Der Security-Men vor der Tür hat reichlich zu tun, die Gäste vom Restaurant zu ihren jeweiligen Autos zu geleiten. So gelangen wir unbeschadet zu unserem Wagen und brausen nach Indianola. Das Glück, was uns auf unserer Reise stets ein treuer Begleiter war, lässt uns auch dieses Mal nicht im Stich, und wir erleben den 86-jährigen B.B. auf der Bühne vor seinem Museum. What an amazing Day!






In den Mississippi-Delta-Flyern werden uns Vicksburg und Natchez als absolut sehenswert angepriesen. Auf unserer Fahrt nach Vicksburg blättere ich die Heftchen durch und stöbere etwas darin. Um Vicksburg herum hat 1863 eine der entscheidenen Schlachten des Amerikanischen Bürgerkrieges stattgefunden. Nord gegen Süd. Fackeln im Sturm, sag ich nur. Eines der wichtigsten Geschichtsmomente, auf das man hier in den Südstaaten immer wieder hingewiesen wird. Auch Vicksburg ist wie ausgestorben und verlassen. Wenn wir schon mal hier sind, wollen wir aber wenigstens was für die Bildung tun und dem National Military Park einen Besuch abstatten. Das Schlachtfeld ist so groß, dass man durch den Park mit dem Auto fährt. 

Ich find das irgendwie schon komisch. An so einem historischen Ort bewegt man sich dann so neumodisch fort. Egal, jedenfalls sind etliche Gäste im Park mit ihren Autos unterwegs und steigen in der Tat auch mal aus, um sich das ein oder andere Denkmal genauer anzusehen. 



Nach einer knappen Stunde nehmen wir die Ausfahrt und machen uns auf den Weg Richtung Natchez. In unserem „heiß geliebten“ Reiseführer steht als Tipp, es gibt eine Straße in Höhe von Port Gibson, die entlang des Mississippi verläuft und die man fahren sollte. Leider wird uns das von der Natur verwährt. Ein Schild am Straßenrand „Water over Road“ weist uns schon drauf hin, und wenig später ist die Straße durch Sandhügel gesperrt. Sicher haben sie das für all die Schlaumeier gemacht, die einfach ignorant am Warnschild vorbeifahren, so wie wir. 


Umdrehen und weiter geht die Reise nach Natchez, schließlich brauchen wir auch noch eine Bleibe für die Nacht.
Natchez ist eine wirklich süße Stadt mit tollen alten Häusern und direkt am Mississippi gelegen. Schade, dass die Schaufelrad-Dampfer zum Großteil als Casinos in den Häfen einiger Städte liegen und nicht mehr den Fluss hinauf und hinunter fahren. Es ist Sonntag und ihr werdet sicher ahnen, was gleich kommt. Totentanz in den Straßen, nicht einmal ein Café oder Restaurant ist geöffnet. Kurzes Beratschlagen. Was nun? Natchez ist auf der Strecke nach New Orleans die größte Stadt. Wir zocken – irgendwas findet man immer zum Übernachten. Die Hintern sind mittlerweile platt gesessen von der heutigen Tour und die gute Laune  ist auch schon etwas geschwunden. Unsere Hoffnung, auf einer der vielen Plantagen noch ein Bett zu finden, zerschlägt sich relativ schnell. In St. Francisville hat unsere Suche endlich ein Ende. Ein neu errichtetes Motel drängt sich uns am Straßenrand förmlich auf. Wir sind erleichtert, und das Lächeln kehrt in mein Gesicht zurück. Das ging noch mal gut. Noch zwei Stunden bis zum Anpfiff der Finals Mavs vs. Heat. Jetzt brauchen wir nur noch eine Sportsbar finden und der Abend ist gerettet. Auf Nachfrage bei der Rezeption ernten wir ein breites Grinsen und den Hinweis auf die nahe gelegene Pizza-Bude, die bis 9 pm geöffnet hat. Sonst gibt’s in der Umgebung nichts, was am heiligen Sonntag seine Tore für Gäste öffnet. Okay. Als Großstädter verwöhnt, mag ich das gar nicht recht glauben, nehme es aber so hin. Wir statten dem Pizza-Laden, der ironischer Weise mit „Best Italian Burritos“ wirbt, einen Besuch ab und schauen das Basketballspiel gemütlich im Hotelzimmer. 

Die Dallas Mavericks gewinnen nach einem sehr spannenden Spiel verdient, und Dirk Nowitzki wird als erster Deutscher Basketballspieler, in der Geschichte der NBA, Meister. Was für ein Wahnsinn!


Von St. Francisville nach New Orleans sind es "nur" noch 160 km, die wir am Morgen gut gelaunt auf einer Pobacke absitzen. Über New Orleans, von den Einheimischen auch kurz „NOLA“ genannt, berichte ich im nächsten Blog.

Das war´s mal wieder kurz und knapp.
Danke für`s Lesen und auf baldo,

Eurer Echo Girl

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen